Freitag, 1. September 2017

Elefant - Martin Suter

"Schoch hatte sich längst eingestanden, dass er Alkoholiker war. Aber er war ein kontrollierter, sagte er sich immer. Er hatte seinen Alkoholismus im Griff. Er konnte aufhören, wann immer er wollte, das hatte er schon mehrmals bewiesen. Aufgehört und, weil er das geschafft hatte, wieder angefangen. Ganz aufhören würde er, wenn es dafür einen triftigen Grund gab. War ein rosa Elefant ein triftiger Grund?" - S. 41

Martin Suter und seine Werke - ein für mich bislang unbekanntes Terrain. Doch das schöne Cover und der schlichte Titel seines neuen Buches "Elefant" haben meinen literarischen Horizont erweitert. Nach den ersten Kapiteln wusste ich: Ein Herzensbuch. Und: Ich will mehr von Martin Suter!

Gelesen: Juli 2017

Der Hauptprotagonist, der einfach nur Schoch genannt wird, lebt seit Jahren auf Zürichs Straßen als Obdachloser. Ein Dasein, das er selbst gewählt hat. Weil er aussteigen wollte. Aussteigen aus der Gesellschaft. Doch wie verbringen Obdachlose eigentlich ihren Tag? Auf jeden Fall mit Gleichgesinnten und Alkohol, klappern die Suppenköchen und Obdachlosen-Kaffees ab. Tag für Tag, immer dasselbe.

"Geh doch mal in die Gruppe."
"Die Alki-Gruppe?" Schoch zog eine Grimasse.
"Hat noch keinem geschadet."
"Wenn ich aufhören will, hör ich auf."
Furrer nickte bedächtig. "Dann ist ja gut."
Schoch stand auf und ging zu seinem Spind. "Aber wenn ich aufhöre", sagte er, mehr zu sich als zu Furrer, "was mache ich dann statt saufen?" - S. 48

Aber Schoch ist dann doch irgendwie anders. Liebenswürdig. Man schließt ihn sofort in sein Herz. Vor allem dann, als er plötzliches Besuch in seiner Höhle, seinem Versteck bekommt. Nämlich von einem rosaroten, leuchtenden Elefanten.

Schoch traut natürlich seinen Augen nicht, schiebt die Erscheinung dem Alkohol zu. Doch das Kuscheltier-ähnliche Wesen lässt sich nicht so leicht abschütteln und beansprucht die Höhle für sich , zerstört und frisst das Gestrüpp vor dem Höhleneingang. Schoch ist nicht gerade begeistert, als er die Verwüstung vorfindet. Schnell aber nähern sich die beiden an. Plötzlich muss Schoch bemerken, dass das Leben der kleinen Elefantendame in Gefahr schwebt. Zum Glück gab es die "Gassenklinik" von Valerie, welche sich um die "Haus"tiere der Obdachlosen kümmert. So auch um die Elefantendame, von der Valerie genauso fasziniert wie erschrocken ist. Das Tier hat eine Vergiftung aufgrund der Blätter des Gestrüpp, die es gegessen hatte. Es würde wieder gesund werden. Aber Valerie sieht trotzdem Gefahr für die Sabu, wie Schoch "seinen" Elefanten spontan nennt, denn die Genforschung musste diesem Wesen dicht auf den Fersen sein. Und die Genforschung hatte leider auch ihre dunklen Seiten ... .

So beginnt das Buch, im Jahr 2016. Durch Rückblicke in vergangene Jahre erfahren wir mehr von den Vorhaben der Genforschung und ihren fast grenzenlosen Möglichkeiten. Und somit verstehen wir dann auch, was Sabu ist, und warum es sie gibt. Sabu ist wertvoll und wird gesucht. Schoch und Valerie vermuten richtig und tun alles, damit dieses kleine Wunder nicht in die falschen Hände gerät.

Ein sehr spannender, herzlicher, aber auch augenöffnender Wettlauf beginnt. Wie weit darf Forschung gehen? Zusätzlich liefert der Roman viel Wissenswertes über Elefanten selbst, die Genforschung und das Obdachlosennetzwerk in Zürich. Sehr viele wichtige, zeitgenössische Themen vereint in einer spannenden und leichten Handlung. Eine Geschichte, die das Herz erwärmt, und vor allem mein Herz und meine Seele tief, ganz tief berührt hat. Ich widme diesem gelesenen Buch einem ganz wichtigen Menschen von mir. Es ist ein wahres Herzensbuch für mich und steht auf der Liste meiner Lieblingsbücher ganz oben, noch vor "To kill a mocking bird". Ich sage nur: Lest dieses Buch!


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Genre: Roman
Verlag: Diogenes
Seiten: 352
Preis: € 24,70 (A) , € 24,- (D)
ISBN: 978-3-257-06970-9 

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